Tell me I’m manly, tell me I’m pretty

Einsamkeit bringt mich dazu seltsame Sachen zu tun. Manchmal hänge ich ewig auf Dating-Plattformen rum und schreibe ziellos mit fremden Leuten, die mich im Grunde nicht interessieren, um bei losen Abmachungen sich irgendwann unverbindlich zu treffen, hängen zu bleiben, die ich bis auf sehr wenige einzelne alle absagen oder anderweitig nicht wahrnehmen werde. Ich scrolle lange durch Instagram und schaue mir die dargestellten Körper an. Da gibt es wenig bis keine informative oder visuelle Neuigkeit zu erfahren, aber die dargestellte Fleischbeschau hat etwas süchtig Machendes. Und der Algorithmus sorgt dafür, dass das Heroin des homosexuellen Mannes unendlich verfügbar und dementsprechend scheinbar billig ist. Aber der Preis, den man bezahlt, ist schmerzhaft. Das schwarze Loch vor dem Bett wird zu einem Graben im Herz und zu einem Strudel aus Selbstmissachtung und tiefsitzendem Zweifel. Und mit jedem Einloggen auf Grindr, Romeo und Scruff, mit jedem weiteren Scroll auf sozialen Medien und jedem Blick auf den surrealen Körperkult männlicher Modelle verkommt die Inspiration und Motivation zum Selbsterhaltungstrieb einer Maschinerie, die sich zwischen kommerzieller Fotografie und Pornografie im Grunde nur als Wichsvorlage bezeichnen lässt. 

Die scheinbar umfängliche Verfügbarkeit des männlichen Körpers hat diesen auf ähnliche Weise zum Objekt degradiert, wie es der weibliche Körper schon lange ist. (. . .)

Installation as part of the group exhibition Männlichkeit_en by Ava Weis at „Loch“ in Wuppertal (November 2021).
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